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100 Jahre Husumer Posaunenchor

Husum – „Da steht piano! Das bedeutet leise!“ Heike Müller weiß, dass das für Bläserinnen und Bläser eine Herausforderung ist. Mit unendlicher Geduld erklärt sie die dynamischen Hinweise im Notentext. Dabei weiß doch jedes Kind: Posaunenchöre können nicht leise! Ein Grund mehr, es zu üben, findet Heike Müller.

Seit 100 Jahren gibt es den Husumer Posaunenchor. Er entstand auf einer Welle der Evangelisierung im ländlichen Raum. Man wollte Kirche zu den Menschen bringen. Die Kirchengemeinden stellten Hörner und Noten kostenlos zur Verfügung. So konnten auch diejenigen ein Instrument erlernen, die aus weniger betuchten Familien kamen. Die Posaunenchorarbeit war anfangs eine Männerdomäne – das ist heute anders.

Die Alten konnten noch Geschichten erzählen! Posaunenchöre galten ja als „Allwetter-Orgeln“: Bei Großveranstaltungen unter freiem Himmel wie dem Missionsfest in Breklum waren sie unverzichtbar. Dabei fuhr man natürlich mit dem Fahrrad. Die kleinen Kuhlo-Hörner passten prima auf den Gepäckträger, für das Helikon – ein großes, kreisrundes Tubeninstrument  – wurden zwei Radfahrer gebraucht, die jeweils einhändig fuhren und das Instrument in die Mitte nahmen.

Anfangs standen vierstimmige Choräle im Mittelpunkt, aber schon bald kamen Instrumentalvorspiele und Intraden hinzu. 1960 gab es mit Hans-Heinrich Oldsen zum ersten Mal einen hauptamtlichen Posaunenwart, der unermüdlich junge Bläserinnen und Bläser ausbildete, Fahrten organisierte und Chorleitende qualifizierte. Seitdem ist das Niveau stetig gestiegen: Heute gehören anspruchsvolle Motetten und Suiten, aber auch peppige Popularmusikstücke zum Repertoire der Chöre.

Die Geschichte des Husumer Posaunenchors lässt sich nicht mehr lückenlos nachvollziehen. Pastor Ernst-Otto Hansen leitete ihn von 1973 bis 1982. Dann übernahm Reiner Willms das Zepter. Seit der Jahrhundertwende trägt Heike Müller die musikalische Verantwortung. Heute engagieren sich in ihm elf Bläserinnen und Bläser. Viele sind wie Heike Müller schon sehr lange dabei: Reiner und Regina Znidar, Steffi Carstensen, Inke Raabe und Andreas Ewert – sie alle spielen schon seit ihrer Kindheit. „Spätberufene“ sind Andreas Raabe, Michael Mäurer, Ernst Wagner, Eva-Maria Kramer und Ralf Kamman. Sie führen den Beweis, dass auch erfolgreich spielen kann, wer ein Instrument erst als Erwachsener erlernt. Elf Jungbläser waren bei Heike Müller in der Ausbildung und spielten zeitweise im Chor mit. Aber wie das so ist mit jungen Leuten: Sie ziehen fort und beginnen woanders ein neues Leben. Aber vielleicht, so hofft Heike Müller, erinnern sie sich eines Tages an die gute Zeit und an das Instrument, das sie einmal zu spielen gelernt haben. Vielleicht kommen sie zurück oder schließen sich einem anderen Chor an.

Ein Posaunenchor ist kein Orchester. Es gibt keine Aufnahmeprüfung, und das Niveau orientiert sich immer an den Möglichkeiten der Bläserinnen und Bläser. Der Anspruch ist trotzdem hoch: Es soll schon schön klingen. Aber wenn mal ein schräger Ton dabei ist, ist das nicht tragisch. Die Musik ist wichtig. Aber noch wichtiger ist die Gemeinschaft. Und noch wichtiger ist der Sinn des Ganzen: „Gott zu loben, das ist unser Amt“ – so lautet seit jeher das Motto der Posaunenarbeit. Posaunenchöre gehören zur Kirche, und zur Kirche gehören Posaunenchöre.

100 Jahre Husumer Posaunenchor – das muss natürlich gefeiert werden. Am Sonnabend, 29. Juni, wird ab 18 Uhr am Binnenhafen Musik zu hören sein. Da dürfen die Engagierten alles geben, das darf gerne weit zu hören sein. Am darauffolgenden Tag gibt es im Gottesdienst in der Marienkirche, den Friedemann Magaard leitet, ab 11 Uhr viel Musik von Bläserinnen und Bläsern aus Husum und den umliegenden Gemeinden. Landesposaunenwart Werner Petersen übernimmt die musikalische Leitung, und er wird zeigen: Posaunenchöre können auch leise – wenn man sie freundlich und nachdrücklich darum bittet.

Text und Bild: Inke Raabe

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